IMPULSE ZUR STÄRKUNG
EINE STARKE KONFLIKTKULTUR Weshalb wir streiten Auseinandersetzungen gehören zum Leben - sei es zuhause, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis oder in der Nachbarschaft. Nahezu alle Konflikte werden durch nicht erfüllte Bedürfnisse und Erwartungen ausgelöst. Unter der Oberfläche jedes auch noch so banalen Streits über Unkraut im Garten oder eine offene Zahnpasta-Tube liegt ein ganzes Universum von Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen verborgen. Deshalb geht es bei einer Auseinandersetzung meist nicht um herumliegende Socken oder die anstehende Ferienplanung, sondern um tiefergehende Bedürfnisse und Erwartungen, die missachtet und enttäuscht wurden. Wenn ein Konflikt zu eskalieren droht, lohnt es sich, darüber nachzudenken, welche Erwartungen dahinterliegen. Oft sind wir uns nämlich selber nicht im Klaren darüber, weshalb wir enttäuscht oder wütend sind. Wie Sie Ihre Kommunikation garantiert zu Fall bringen Bei einer Auseinandersetzung fällt es uns besonders schwer, wertschätzend miteinander zu sprechen. Sind wir verärgert, neigen wir zu Vorwürfen und verallgemeinernden oder herablassender Kritik: «Nie trägst Du den Müll raus, bist Du zu faul?» oder «Immer lässt Du Deine leeren Kaffeebecher stehen – Du bist so unordentlich!» sind typische Angriffe, die eine Auseinandersetzung verschärfen. Darauf folgt meist die Verteidigungsrede oder ein Gegenvorwurf: «Hast Du eine Ahnung, was ich täglich im Haushalt erledige?» oder «Du bist der Chaot von uns zwei, schau Dir doch mal Deinen Schreibtisch an!» Während die sich verteidigende Partei versucht, ihre Situation zu erklären, fühlt sich die andere in ihrer (vielleicht berechtigten) Kritik übergangen, was den Konflikt zusätzlich verschärft. Mag der Anlass für eine Auseinandersetzung noch so unbedeutend sein – ein verbaler Schlagabtausch kann sich auf diese Weise bis zur totalen Eskalation hochschaukeln. Ein weiteres dysfunktionales Streitmuster ist «Mauern». Bei einer Auseinandersetzung zu schweigen oder hilflos davonzulaufen ist keine Lösung, sondern bedeutet Abweisung. Diese Demonstration der eigenen Gleichgültigkeit dem anderen gegenüber provoziert meist weiteren Frust und Zorn. Wird dieses «Mauern» systematisch, ist keine positive Kommunikation mehr möglich. Wir alle geraten ab und an in eine Kommunikationsfalle. Wenn wir aber den Ausweg nicht mehr finden, wird dies die Bindung auf Dauer zerstören. Wenn der Tiefpunkt erreicht ist Zu denken, dass Ihr Gegenüber ein Ignorant ist, kann in der Hitze des Gefechts heilsam sein, aber teilen sollten Sie diesen Gedanken nie. Jemanden im Streit zu beleidigen oder zu beschimpfen, verletzt dessen Würde und vergiftet das Klima. Halten verachtende Worte oder Gesten Einzug, geht es nicht mehr um das Lösen von Konflikten, sondern um Zerstörung. Bei Aussagen wie «Du bist ein Verlierer!» oder «Du kannst mich mal!» geht es nur noch darum, den anderen herabzusetzen und willentlich zu verletzen. Besonders toxisch wird es, wenn intimes Wissen über die andere Person als Waffe eingesetzt wird. Hält dieses Streitmuster Einzug, ist der Tiefpunkt erreicht. Und dann gibt es meist keinen Weg zurück. Achtung Verletzungsgefahr! Nichts schmerzt so sehr wie die Kritik eines nahestehenden Menschen. Und in diesen Momenten, wenn wir enttäuscht oder wütend sind, ist ein konstruktives Gespräch eine besondere Herausforderung. Wer die Schwächen und Unzulänglichkeiten seines Gegenübers kennt, trägt die grosse Verantwortung, auch im Streit sorgsam mit diesem Wissen umzugehen und unnötige Verletzungen zu vermeiden. Bei einer Auseinandersetzung ist es besonders wichtig, offen und direkt, aber auch respektvoll und einfühlsam zu kommunizieren. Sind wir einander freundlich zugeneigt, bleiben unsere Wortwahl, unser Tonfall und unsere Gestik auch bei einer Auseinandersetzung von gegenseitigem Respekt geprägt. Denn eine konstruktive Kommunikation gelingt nur dann, wenn das Gegenüber auch im Zuge einer Auseinandersetzung mit Wertschätzung und Wohlwollen behandelt wird. Alles eine Frage der Perspektive Fälschlicherweise orientiert sich unsere Kommunikation oft an der Idee von Recht und Unrecht. Wenn wir auf unterschiedlichen Positionen beharren und vergeblich darauf warten, dass die oder der andere das Unrecht einsieht, bleiben beide auf der Strecke. Denn es gibt niemals eine objektive Wahrheit darüber, welche Gefühle und Bedürfnisse richtig und welche falsch sind. Jeder Mensch sieht die Welt aufgrund seiner einzigartigen Persönlichkeit, seiner genetischen Veranlagung, seiner Prägung und seinen Erfahrungen mit eigenen Augen. Wir alle fühlen, denken und handeln unterschiedlich und haben unsere eigenen Vorstellungen von der Wirklichkeit. So betrachten wir die Mitmenschen immer aus unserer eigenen Perspektive und können deshalb ihre Gedanken und Handlungen oft nicht nachvollziehen. Wenn wir kommunizieren, tauschen wir unsere Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse stets im Sinne einer subjektiven Wahrheit aus. Unser Gegenüber mag vielleicht eine ganz andere Sicht der Dinge haben. Aber jeder Mensch hat aus seiner Sicht recht. Was für Sie blau ist, ist für einen anderen Menschen vielleicht grün oder grau. Und wer hat nicht schon einmal in gemütlicher Runde darüber diskutiert, ob der Wein nach Zapfen schmeckt oder nicht? Manchmal reicht schon ein Wechsel der Blickrichtung, um klar zu sehen. Reden ist Silber, Zuhören ist Gold Zu einer konstruktiven Konfliktbewältigung im Privatleben wie auch am Arbeitsplatz gehört, den Anliegen seines Gegenübers Aufmerksamkeit zu schenken und ihm Verständnis entgegenzubringen. Oft sind wir in einem Gespräch aber nur darauf bedacht, unsere Sicht der Dinge loszuwerden. Wir gehen nicht auf die Worte unseres Gegenübers ein. Ein Gespräch, an denen beide aneinander vorbeireden, schafft jedoch keine Verbindung und führt zu keiner Lösung. Aktiv zuhören hilft uns dabei, der Perspektive unseres Gegenübers Interesse und Verständnis entgegenzubringen. Bringt uns doch ein Gespräch nur dann einander näher, wenn wir sowohl gehört als auch verstanden werden. Wenn ein fairer Kompromiss gefunden werden soll oder eine ganz neue Idee, den Konflikt zu klären, müssen beide zunächst über ihre eigenen Bedürfnisse Klarheit haben und diejenigen ihres Gegenübers kennen. Auf diese Weise kann eine Lösung gefunden werden, die beide Seiten berücksichtigt. Klärung schafft Nähe Es ist einfacher, Konflikte zu klären, als damit zu leben. Und dafür braucht es ein offenes Gespräch. Reden die Konfliktbeteiligten ehrlich über ihre Gefühle, Bedürfnisse und Erwartungen, besteht die Grundlage für eine faire Lösung. Sich aber gegenseitig auch einmal den jeweiligen Standpunkt zuzugestehen, obschon man nicht damit einverstanden ist, und mit dieser Differenz zu leben, gehört ebenfalls zu einer guten Konfliktkultur. Die Art und Weise, wie Menschen streiten, ist genauso wichtig wie die Art und Weise, wie sie sich Zuneigung schenken. Werden Konflikte einvernehmlich geklärt, schaffen sie Nähe. Bleiben sie ungeklärt, bringen sie Distanz. Deshalb trägt eine auf Offenheit, Wertschätzung und Wohlwollen basierende Konfliktkultur wesentlich zum Gelingen unserer Beziehungen bei. Machen Sie sich gemeinsam auf die Suche nach einer Lösung, die für alle funktioniert. Denn es ist nicht zuletzt auch die Sicherheit, gemeinsam Konflikte klären zu können, die eine Partnerschaft, eine Familie, eine Freundschaft oder ein Team stärkt. Cornelia Hotz
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